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1. Dezember 2008 - Vor der Reha steht ja eine Krankheit.

In meinem Fall eine – ich sag’s mal auf Deutsch – wiederkehrende Depression mittelschwerer Ausprägung und damit zusammenhängend, eine Verschlechterung meiner Borderline-Symptomatik. Seit ich aus der Tagesklinik entlassen war, ging’s mir leider stetig schlechter. Die fehlende Struktur und das Gefühl des Alleinseins waren keine gute Kombination.

Dazu kam, dass mir meine Mom bei einem Telefonat heute mitteilte, dass mein Vater verstorben war. Sie hatte es von einem Schulkameraden erfahren und war sich eigentlich gar nicht sicher, ob sie es mir sagen sollte.

Nicht, dass mich der Tod meines Vaters spürbar mitnehmen würde. Eigentlich nicht. Dennoch, ein Mensch ist gestorben. Ich hatte noch eine Rechnung mit ihm offen.

Er hatte mich verlassen, als ich ein Kind war, hatte kein bisschen für oder um mich gekämpft. Er hat mich – in meiner Realität – kampflos bei einem pädophilen Stiefvater und einer lieblosen Familie zurückgelassen.

Und als wir dann, endlich, fast 20 Jahre später, wieder Kontakt hatten, war ich eine Enttäuschung für ihn. Er hatte sich immer vorgestellt, ich würde aussehen wie meine Mom und hätte seine Figur. Ehrlich gesagt, ich hätte auch lieber seine schlanke Figur als meine – hätte mir im Leben Vieles erspart. Ist aber nicht so. Dennoch war ihm dieses Detail, das ich gern mit „mein Hintern war ihm zu dick“ übersetze, so wichtig, dass er es mir mitgeteilt hat. Dummerweise (für ihn) hat er aber seinen ganzen Bekannten erzählt, ich würde so aussehen, wie er es sich erträumt hat und jetzt, tja, würden seine „Lügen“ ja auffliegen, also kann er mich nicht vorzeigen…blah blah. Ich habe ihn rausgeworfen.

Damals war ich 25.

Heute, 12 Jahre später, ist er tot, er starb alleine in seiner Wohnung, und ich werde nie erfahren, ob ich wirklich so eine große Enttäuschung für ihn war. Oder ob ihm das jemals leid getan hat.

Ich denke mir, das Schicksal hat diese Rechnung für mich beglichen.

Und, obwohl ich mir gewünscht habe, dass er am Ende alleine ist, so allein, wie ich mich oft fühlte, tut es mir jetzt wieder leid. Niemand hat verdient, allein zu sterben und ich bin einfach zu gut für diese Welt…

Als abends dann die Herren von der Polizei vor meiner Türe standen um mir mitzuteilen, dass ich als einzige bzw. nächste Angehörige ausersehen wäre, mich um die Formalitäten zu kümmern, habe ich nur gelacht. Scheiß Timing!

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